Die Agenda 2010, die Folgen für den Arbeitsmarkt und das Sozialwort der Kirchen
60 TeilnehmerInnen der Tagung in der Evangelischen Akademie Meißen
verabschiedeten Thesen
Sehr geehrte Damen und Herren,
zum Abschluss der Tagung "Die Agenda 2010, die Folgen für den Arbeitsmarkt und das Sozialwort der Kirchen" wurden von einer
breit repräsentierten TeilnehmerInnengruppe nachfolgende Thesen erarbeitet und vom Plenum verabschiedet. Die Tagung brachte Politiker,
WissenschaftlerInnen, Erwerbslose, VertreterInnen sozialer Bewegungen und kirchlicher wie nichtkirchlicher Initiativen und Vereine,
GewerkschafterInnen und Interessierte aus Kirchengemeinden und der Gesellschaft zusammen. Die TeilnehmerInnen beauftragten die Ev.
Akademie, diese Thesen öffentlich bekannt zu machen bzw. den Kirchenleitungen zu übermitteln.
Bettina Musiolek, Studienleiterin, Ev. Akademie Meißen
Maria Georgi, Verein Miteinander, sozialpraktische Hilfe e.V.
Johannes Roscher, Pfarrer, Vorsitzender der Koordinierung kirchlichen Erwerbsloseninitiativen in Sachsen
Thesen des Seminars
Agenda 2010, die Folgen für den Arbeitsmarkt und das Sozialwort der Kirchen
an der Evangelischen Akademie Meißen vom 13.-15.02.2004
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erklären,
dass die Finanznot der öffentlichen Kassen und die Globalisierung keine stichhaltigen Begründungen für die Agenda
2010 sind:
- seit Gründung der Bundesrepublik gab es in fast in jedem Jahr Wirtschaftswachstum. Damit ist Deutschland heute so reich wie nie zuvor.
Genügend Finanzmittel für den Erhalt und Ausbau der sozialen Sicherungssysteme sind in Deutschland vorhanden. Die Finanznot der
öffentlichen Kassen, mit der die Agenda 2010 begründet wird, ist durch politische Fehlsteuerungen selbst verschuldet, und daher
behebbar, z. B. durch die Rücknahme von Senkungen der Gewinnsteuern und privater Steuern, durch Besteuerung des Kapitalverkehrs und
durch weitere Steuereinnahmen wie die Besteuerung von Vermögen.
- Globalisierung ist kein Naturereignis, sondern politisch gemacht und politisch gestaltbar. Der globale Wettbewerb mit seiner
verschärften Standortkonkurrenz muss nicht zum Sozialabbau führen, sondern kann und muss mit menschenwürdigen sozialen Standards
geregelt werden.
- sie Agenda 2010 (Hartz-Gesetze) schafft keine existenzsichernden Arbeitsplätze
- weitere Verarmung von Erwerbslosen und deren Familien sowie die Ausweitung des Niedrig(st)lohnsektors mit all ihren Folgen ist
vorprogrammiert. Dieses führt auch zu einem erhöhten Druck auf bestehende Beschäftigungsverhältnisse.
Zukunftsfähige Konzepte für eine sozial gerechte Gesellschaft könnten sein:
- die gerechtere Verteilung von vorhandener Erwerbsarbeit durch Arbeitszeitverkürzung,
- die Umwandlung von bisher ehrenamtlich geleisteter Arbeit im sozialen, kulturellen, ökologischen und im Bildungsbereich in Erwerbsarbeit, ebenso die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze in diesen Bereichen,
- Verstärkungen der Investitionen in die öffentliche Infrastruktur,
- die Einführung eines existenzsichernden Einkommens für alle.
Wir ermutigen die Kirchen, den 1997 mit dem Sozialwort Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit begonnenen Weg konsequent
fortzusetzen.
Wir rufen die Kirchen, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen auf, gemeinsam im Sinne einer sozial gerechten Gestaltung unserer
Gesellschaft zu wirken.
©2004 Evangelische Akademie Meißen