Was bedeutet CfS

   CfS – Wie der Name entstand

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»Wir waren Kirche … inmitten der Armen«. Eine Geschichte der Bewegung Christen für den Sozialismus

Am 11. September 1973 bombardierten Flugzeuge der chilenischen Luftwaffe die ›Moneda‹, das Regierungsgebäude in Santiago de Chile, in dem der demokratisch gewählte Sozialist Salvadore Allende arbeitete. Er wurde bei diesem Angriff ermordet. Dieser Angriff leitete den vom CIA unterstützten Putsch in Chile ein, bei dem Tausende von Chilenen ermordet und gefoltert wurden.

»Anfang der 70er Jahre formierten sich die ›Christen für den Sozialismus‹ im Chile Allendes. Ich erinnere mich, dass wir bei einer großen Tagung der Nachtgebetskreise, die es in Holland, in der Schweiz und in verschiedenen Städten Westdeutschlands gab, die Frage diskutierten, wie unsere Arbeit weitergehen solle und wie wir uns nennen könnten. Es wurde ewig debattiert über die Namen ›Religiöse Sozialisten‹, ›Christliche Sozialisten‹ oder ›Roter Morgenstern‹. Am letzten Tag kamen zu dieser Tagung zwei chilenische Priester, die der Gruppe ›Christen für den Sozialismus‹ angehörten. Sie erzählten uns, dass zwei Mitglieder ihrer Gruppe im Stadion von Santiago de Chile ermordet worden waren. Da war unsere Diskussion plötzlich beendet. Es war vollkommen klar für alle, dass dieser Name ›Christen für den Sozialismus‹ von uns übernommen würde.«

Dorothee Sölle, Links, was sonst, in: Gegenwind, Erinnerungen, S.98

 

Wir über uns

Die Bewegung der ChristInnen für den Sozialismus (CfS) entstand 1971 in Chile. Dort wollten Christinnen und Christen öffentlich deutlich machen, dass es keine christliche Position ist, wenn behauptet wird, Christentum und Sozialismus seien unvereinbar. Wer das behauptet, ist am Fortbestand einer finanzmarkt­getriebenen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung interessiert.

Seit 1973 versuchen auch Christinnen und Christen in Europa ihre Vorstellungen von Christentum und Sozialismus zusammenzudenken und politisch umzusetzen. Wesentlich inspiriert vom »Arbeitskreis Politisches Nachtgebet« in Köln haben sich in der BRD in den siebziger Jahren Gruppen gebildet, die sich als Teil der internationalen CfS-Bewegung verstehen. Auch wenn der Ausgangspunkt Lateinamerika auf einen katholischen Entstehungszusammenhang hindeutet, sind die ChristInnen für den Sozialismus eine ökumenische Bewegung, für die eine biblisch inspirierte Spiritualität und die politische Praxis das Entscheidende sind.

Wesentlich sind vor allem vier Punkte:

  • So wie einerseits unsere politische Praxis auf der Seite der Unterdrückten Ausdruck unseres christlichen Glaubens ist, so bleibt auch unsere theologische Reflexion mit unserer politischen Praxis verbunden. Aus dem Eintreten für die Unterdrückten ergibt sich die Notwendigkeit, jenseits von bürgerlicher Theologie und Spiritualität nach einem Ausdruck des Glaubens zu suchen, der unserer Parteilichkeit entspricht.
  • Ausgehend von der vorrangigen Option für die Armen ist die marxistische Theorie ein wichtiges Werkzeug für die Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse und die Entwicklung einer politischen Strategie für eine Zukunft, die ihren Namen verdient.
  • Unsere politische Praxis geht von der Tatsache aus, dass nicht nur in den Ländern des Südens, sondern auch in unserer Gesellschaft Menschen aufgrund ökonomischer Bedingungen unterdrückt und ausgeschlossen werden. Das Ziel unserer Arbeit besteht in der Überwindung des Klassencharakters dieser Gesellschaft.
  • Wir sind keine Partei, sondern eine Basisbewegung. Die Auseinandersetzungen über politische und theologische Fragen sowie eine kritische Reflexion der gesellschaftlichen Verhältnisse gehören zu unserem Selbstverständnis.

Ausgehend von unseren konkreten örtlichen Bedingungen versuchen wir, in Gruppen oder als Einzelne politisch tätig zu werden, aus unserem Glauben zu leben und ihn zu reflektieren. Thematische Intensivseminare, Jahrbücher, Circulare und das für den bundesweiten Zusammenhang tätige Büro befassen sich mit überregionalen Angelegenheiten einschließlich internationaler Kontakte.

Ausdruck unserer »Theologie von unten« ist die materialistische Bibel-Lektüre. Diese will die Lebens- und Produktionsbedingungen in Galiläa und Judäa zur Zeit Jesu einbeziehen. Die Lektüre berücksichtigt auch die politischen, ökonomischen und sozialen Bedingungen, die in den Städten des römischen Imperiums herrschten. So wird die materialistische Lektüre ein entscheidender Beitrag zur Deutung biblischer Texte, um deren ideologiekritische und subversive Botschaft freizulegen. Wesentliche Impulse kamen von der lateinamerikanischen »Theologie der Befreiung«, die in den 60er Jahren aus ihrer parteilichen Praxis heraus begonnen hat, eine neue Praxis mit einer neuen Lektüre der Bibel zu verbinden.

Wir arbeiten in der Eine-Welt-, Antifa-, Friedens-, Ökologie- und Frauenbewegung, aber auch z.B. bei »attac« mit. Wir nehmen teil an den Kämpfen der ArbeiterInnenbewegung gegen Sozialabbau und Arbeitsplatzvernichtung und für bessere Arbeitsbedingungen. Wir betrachten es als wichtige Aufgabe, den Zusammenhang all dieser politischen Auseinandersetzungen mit den historischen Kämpfen der sozialen Bewegungen hier und den Befreiungsbewegungen in den Ländern des Südens herauszustellen.

Die weltpolitischen Veränderungen der letzten Jahre haben tiefe Auswirkungen auf die politische Lage. Der bis dahin einzige machtpolitisch relevante Gegenentwurf zum kapitalistischen System ist zusammengebrochen. Auch die Freiheitsbewegungen in den Ländern des Südens sind in einer tiefen Krise.

Doch angesichts der Unfähigkeit des Kapitalismus, die Probleme ohne massenhafte Menschenopfer und Angriffskriege zu lösen, sehen wir weiterhin die Notwendigkeit, nach einer Alternative zum Kapitalismus zu suchen. Die Geschichte des Sozialismus löst sich nicht in der Geschichte des real existierenden Sozialismus auf. Deshalb halten wir an den mit dem Begriff »Sozialismus« verbundenen Utopien fest, und an der Mitarbeit an einer Gesellschaft, in der eine Gerechtigkeit, die den Blickwinkel der Armen und Ausgeschlossenen berücksichtigt, und in der umfassende Solidarität möglich wird.

Wir nennen Sozialismus die notwendige gesellschaftliche und wirtschaftliche Alternative zu den weltweit todbringenden Mechanismen des kapitalistischen Systems. Unser Festhalten an diesem Begriff ist Ausdruck unserer Opposition gegen die gegenwärtig vorherrschende Resignation und alle Versuche, den Kapitalismus als ein System ohne Alternative zu propagieren.

 

Zuletzt überarbeitet: 15. Oktober 2018 © CfS 2005