Wahlen in El Salvador

Von Pater Gerhard Pöter

Es ist wohl unangebracht, jetzt einen Rundbrief aus El Salvador zu schreiben, ohne auf die verschiedenen Wahlen einzugehen. Zuerst auf die Bürgermeister- und Abgeordnetenwahlen zur Asamblea (entspricht unserem Bundestag) und dann zur Präsidentenwahl. Die FMLN (ehemalige Guerrilla) ist nun stärkste Partei im Parlament. Die Zahl der FMLN-Bürgermeister ist stark gewachsen. Aber die Rechte - Arena (seit zwanzig Jahren Regierungspartei), PCN (ehemalige Partei der Militärs) und Christdemokratie - haben zusammen mehr Abgeordnete im Parlament als die FMLN. Präsident wurde Mauricio Funes, der Kandidat der FMLN. Die Exekutive ist also unter Kontrolle von Funes. Welchen Einfluss die FMLN auf die Regierung haben wird, ist mir noch nicht klar.

Andere Instanzen des Staates werden wie das Parlament wahrscheinlich weiterhin von der Rechten kontrolliert, z.B. der Oberste Gerichtshof, das Höchste Wahlgericht, die Staatsanwaltschaft, das Finanzgericht, das Korruption kontrollieren und bestrafen soll etc. Nicht zu vergessen ist natürlich die Bedeutung der herrschenden Oligarchie mit ihrer Geld- und Medienmacht, die immer noch gute Möglichkeiten hat, viele ökonomische und soziale Maßnahmen zugunsten der armen Mehrheit zu torpedieren. Dollarisierung der Wirtschaft plus Freihandelsvertrag fesseln den Präsidenten und verstärken von Tag zu Tag die Abhängigkeit des Landes von den USA. Die wachsende Verschuldung des Landes, die permanent negative Zahlungsbilanz bedeuten, dass eine gefährliche Zuspitzung der Konsequenzen der Weltwirtschaftskrise für El Salvador nicht weit entfernt ist.

Da es sich in El Salvador um eine stark auf den Präsidenten konzentrierte Demokratie handelt, gibt es für ihn trotzdem einige Handlungsmöglichkeiten. Funes hat versprochen, dass die Unterstützung der Ärmsten und die Reaktivierung der Landwirtschaft seine Prioritäten sind.

Funes hat mit einigen wenigen Prozentpunkten Vorsprung gewonnen, aber in den Voraussagen verschiedener Institutionen lag er immer weit vor dem Arena-Kandidaten, (dem ehemaligen Polizeipräsidenten und Besitzer der größten Waffenläden des Landes). Ein Grund für diese Verminderung liegt in den "kleinen" Wahlbetrügereien. Zum Beispiel haben viele Tote gewählt, auch Bürger und Bürgerinnen aus den Nachbarländern, die vorher mit einem Ausweis versorgt und mit Bussen nach El Salvador gefahren wurden. Eine oft geäußerte Forderung ist seit langem, den Wahlort in die Nähe des Wohnortes zu verlegen, da auf diese Weise solcher Missbrauch verhindert werden könnte. Ein Vorschlag der Frente, aus Venezuela Maschinen zu importieren, die das doppelte Benutzen von Wahlausweisen schnell entdecken können, wurde vom mehrheitlich rechts besetzten Wahlgericht abgelehnt.

Interessant die Großzügigkeit der ausländischen Beobachter im Falle eines von einer rechten Regierung geschaffenen und verteidigten Wahlsystems in El Salvador und ihre gewaltigen Anstrengungen das Haar in der Suppe zu finden, wenn es zum Beispiel um Venezuela geht.

Dazu schreibt Ramonet, Chefredakteur von Le Monde Diplomatique: "Obwohl viele Europäer, auch solche, die sich der Linken zurechnen, die Wahrheit über Lateinamerika wegen der kolossalen Mauer von Lügen weiterhin ignorieren, die die großen Medien gebaut haben, um sie zu verstecken, hat sich Südamerika in die progressivste Region des Planeten verwandelt, wo am meisten Änderungen zugunsten der armen Klassen geschehen und wo am meisten strukturelle Reformen angewandt werden, um sich aus Abhängigkeit und Unterentwicklung zu befreien."

In meinem Wohn- und Arbeitsumfeld gab es viel Unterstützung für die Frente. Hier im Konvent hätte Funes als Kandidat der FMLN vielleicht 80 oder 90% bekommen. In der Wahlnacht zog eine große Menge zu Fuß zur Plaza Masferrer, die mitten im Reichenviertel liegt und feierte die ganze Nacht. In den Tagen danach gab es eine nie erlebte Feststimmung. Eine distanziert kritische Analyse war weder möglich noch angebracht. Es war, als wäre plötzlich eine gigantische Last von den Schultern gefallen.