kolonialisiert - koffeiniert - assoziiert

Kampagne gegen ein Assoziierungsabkommen der EU mit Zentralamerika

Selbstbestimmte Entwicklung statt Freihandel und Ausbeutung

Stoppt das Assoziierungsabkommen der EU mit Zentralamerika

Bis zum Jahr 2010 möchte die Europäische Union zur Weltwirtschaftsmacht Nummer eins aufsteigen. Dieses Ziel formulierten die Staats- und Regierungschefs der EU schon in der sog. Lissabon-Strategie im März 2000. Als Ziel wurde benannt, "die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen.

Auf Grundlage der neuen europäischen Außenhandelsstrategie "Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer globalisierten Welt" (2006) und des hegemonialen Anspruchs, wie er in der Erklärung der EU-Kommission "Das europäische Interesse - Erfolg im Zeitalter der Globalisierung" (2007) erhoben wird, verfolgt die EU ihre wirtschaftspolitische Expansion.

Die Verhandlungen zwischen der EU und den so genannten AKP-Staaten (78 Länder in Afrika, der Karibik und im Pazifik) über die zukünftigen Wirtschaftsbeziehungen passen genauso zur neuen EU-Außenwirtschaftsstrategie wie die Verhandlungen mit den Staaten Mittelamerikas über ein Assoziierungsabkommen. Die Forderungen der EU sind eindeutig: Die VertragspartnerInnen müssen gute Bedingungen für europäische Exporteure und Investoren bieten.

Ein Assoziierungsabkommen mit Zentralamerika

Seit Oktober 2007 verhandelt die EU mit den zentralamerikanischen Ländern Guatemala, Honduras, El Salvador, Nicaragua, Costa Rica und Panama (als Beobachter) über ein Assoziierungsabkommen. Mit diesem Abkommen sollen der politische Dialog und die Entwicklungskooperation zwischen der EU und Zentralamerika geregelt und ein breit angelegtes Abkommen über Zoll- und Handelsfreiheit vereinbart werden.

Während die EU gerne die ersten beiden Komponenten in den Vordergrund stellt, liegt ihr eigentliches Interesse im Freihandelsabkommen. Im Forderungskatalog der EU ist das ganze Spektrum der international umstrittenen Fragen - die so genannten Singapur-Themen - wie Schutz von Investitionen, Öffnung des öffentlichen Auftragssektors, Schutz des Geistigen Eigentums und Abbau bürokratischer Handelshemmnisse enthalten.

Nicht zollfreier Handel, sondern Ausbeutung ist das Ziel

Die meisten mittelamerikanischen Staaten hatten in den letzten Jahren gegen den Widerstand von großen Teilen der Bevölkerung bilaterale Freihandelsabkommen mit den USA (DR-CAFTA) ausgehandelt und abgeschlossen. Darin wurden Marktzugänge, die Abschaffungen von Zöllen, Regeln für Dienstleistungen, Investitionen und Ausschreibungen des staatlichen Sektors zwischen den USA und den einzelnen mittelamerikanischen Ländern vereinbart. Die vielfach vorhergesagten negativen Folgen für die zentralamerikanischen Länder werden bereits sichtbar.

Im Wettlauf der großen Wirtschaftsblöcke um natürliche Ressourcen und Märkte versucht nun die EU, sich in Zentralamerika die gleichen guten Konditionen zu verschaffen, wie sie die USA bereits haben. In Abgrenzung zu den USA präsentiert sich die EU als Vertreterin von Demokratie und Menschenrechten und propagiert einen Neoliberalimus mit menschlichem Antlitz.

Der Verhandlungsschwerpunkt der EU liegt nicht auf dem Ziel der Förderung des Handels mit den mittelamerikanischen Ländern. Dafür ist das Handelsvolumen zwischen den Regionen auch viel zu unbedeutend. Nur 0,43% der Exporte der EU gingen 2007 in die zentralamerikanischen Länder und von dort kamen 0,33% der Importe. Im Wesentlichen geht es der EU um den Zugang europäischer Konzerne zu neuen Märkten und staatlichen Ausschreibungen, um die Absicherung von Investitionen europäischer Konzerne und die Nutzung und Ausbeutung von natürlichen Ressourcen (z.B. Biodiversität, Energie und Wasser) in Mittelamerika.

Investitionsschutz über nationalem Recht

Die Industrieländer scheiterten bisher bei allen Versuchen, im Rahmen der WTO allgemeingültige Vereinbarungen über den Schutz von Investitionen und die Gleichbehandlung in- und ausländischer Unternehmen festzuschreiben, am Widerstand der Länder des Südens. Gegenüber den wirtschaftlich schwachen Ländern in Mittelamerika versucht die EU nun genau solche Regelungen durchzusetzen, und damit die wirtschaftlichen Interessen von Investoren über nationale Gesetze zu stellen.

Für Konfliktfälle fordert die EU, internationale Schiedsgerichte zur Streitbeilegung einzurichten. Europäische Konzerne könnten vor diesen Gerichten gegen ein mittelamerikanisches Land klagen, wenn sie ihre Investitionen oder die erwarteten Gewinne ("indirekte Enteignung") gefährdet sehen. In der Praxis entscheiden diese Schiedsgerichte fast immer zu Gunsten der Unternehmen. Durch solche Regelungen entziehen sich international operierende Unternehmen der nationalen Kontrolle und können Umwelt- oder Sozialstandards verletzen.

Neoliberale Strukturen werden unumkehrbar

Die Festschreibung von Freihandel und Investitionsfreiheit in Verbindung mit der Einsetzung internationaler Schiedsgerichte führt zu einer Festlegung der Wirtschaftsform über Generationen hinaus. Auch zukünftige parlamentarische Entscheidungen müssten sich dem Freihandelsvertrag unterordnen. Dadurch würden beispielsweise Entscheidungen zur Förderung der eigenen Produktion oder die Verstaatlichung von Bereichen mit europäischen Investitionen (z.B. Wasser- oder Stromversorgung) für die mittelamerikanischen Länder wegen der zu erwartenden Entschädigungsforderungen unmöglich.

Für die EU ist das Assoziierungsabkommen ein Versuch, das neoliberale Wirtschaftsmodell festzuschreiben und den europäischen Konzernen einen möglichst großen Anteil an der Ausbeutung der mittelamerikanischen Länder zu sichern.

Nein zur neoliberalen Zubereitung Zentralamerikas!

Freihandel zwischen so ungleichen PartnerInnen wie der EU und den Ländern Zentralamerikas führt zu keiner tragfähigen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, sondern zu wachsender Ungleichheit und größerem Unrecht. Wie die Freihandelsabkommen mit den USA (DR-CAFTA) hätte auch das aktuell verhandelte Assoziierungsabkommen mit der EU für die mittelamerikanischen Länder vor allem negative Auswirkungen. Dazu gehören:

  • Wachsender Privatisierungsdruck auf Strom- und Wasserversorgung, öffentliches Gesundheitswesen etc.
  • Verdrängung von nationalen Unternehmen durch kapitalkräftige europäische Konzerne in den lukrativ erscheinenden Bereichen (Infrastruktur, Tourismus, Exportproduktion, Ausbeutung von Rohstoffen, strategisch wichtige Dienstleistungen, ...)
  • Durchsetzung von Forderung internationaler Konzerne auf geistiges Eigentum und Lizenzzahlungen (Bauern müssten z.B. ihr Saatgut von ausländischen Konzernen teuer kaufen, günstige generische Medikamente müssten vom Markt genommen werden, ...)
  • Benachteiligung von kapitalschwachen einheimischen Unternehmen gegenüber internationalen Konzernen bei der Ausschreibung staatlicher Aufträge.

    Die EU versucht bisher in den Verhandlungen, die Interessen europäischer Konzerne mit Hilfe des geplanten Assoziierungsabkommens in Zentralamerika durchzusetzen. Ein solches Abkommen bringt für Mittelamerika keine positiven Impulse und keine eigenständige wirtschaftliche und soziale Entwicklung, sondern endet in einer neoliberalen Sackgasse. Ein solches Abkommen können wir nur ablehnen. Ja zur selbstbestimmten Entwicklung!

    Statt weiteren Investitionen in die Exportproduktion und noch mehr Freihandel benötigen die Menschen in Mittelamerika unter anderem die Förderung einer funktionierenden Versorgung mit Grundnahrungsmitteln (Ernährungssouveränität) und Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen. Im Interesse einer selbstbestimmten Entwicklung darf der Handlungsspielraum der nationalen Regierungen nicht durch die Festschreibung von Rechtsansprüchen ausländischer Konzerne eingeschränkt werden.

    Gemeinsam mit Gewerkschaften, BäuerInnen-, VerbraucherInnen- und Sozialen Organisationen aus Zentralamerika setzen wir uns dafür ein, den Integrationsprozess "von unten" zu stärken, um Alternativen zu erarbeiten, die sich an den Lebensumständen der Bevölkerung orientieren. Wir fordern von der Europäischen Union, den nationalen Regierungen Europas und Zentralamerikas:

  • Keine Festlegung auf die neoliberale Wirtschaftsform durch einen Vertrag
  • Keine Einschränkung des Entscheidungsspielraums für zukünftige Parlamentsmehrheiten und Regierungen
  • Spielraum zur Entwicklung und Umsetzung selbstbestimmter Entwicklungsstrategien
  • Vorrang der Rechte der Bevölkerung und der Gesetze vor Investitions- und Eigentumsrechten
  • Kein Liberalisierungsdruck
  • Keine Durchsetzung der Singapur-Themen (Investitionen, Wettbewerb, öffentliches Beschaffungswesen und Handelserleichterungen)
  • Demokratisch kontrollierte Verhandlungen über Wirtschafts- und Sozialabkommen unter aktiver Beteiligung aller Bevölkerungsgruppen
  • Verbesserung der Ernährungssicherheit und Ernährungssouveränität
  • Schutz und Erhalt der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und des lokalen Handels / der lokalen Industrie statt Verdrängung und Vertreibung durch europäische Investoren.

    Wir wenden uns gegen dieses Vorhaben der europäischen Politik und sagen

  • NEIN ZU NEOKOLONIALER AUSBEUTUNG!
  • NEIN ZUM ASSOZIIERUNGSABKOMMEN DER EU MIT ZENTRALAMERIKA!

    InitiatorInnen der Kampagne:
    Oekumenisches Büro, München
    Informationsbüro Nicaragua, Wuppertal
    Christliche Initiative Romero, Münster
    Nicaragua-Verein, Hamburg
    Nicaragua-Forum, Heidelberg

    UnterstützerInnen:
    ChristInnen für den Sozialismus, Kassel

    Kontakt:
    Oekumenisches Buero für Frieden und Gerechtigkeit e.V.;
    Pariser Str. 13
    D-81667 München
    elsal(at)oeku-buero.de

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