Wir wollen ein schönes Land haben

Beitrag von Gerhard Pöter für das Grazer Pfarrblatt. San Salvador, 2.11.2012

Wir wollen ein schönes Land haben. Nach so viel Gewalt und Zerstörung, nach so viel Tod wollen wir endlich wieder leben. Die hässlichen Bilder sollen nicht nur aus Kopf und Herzen verschwinden, sondern auch aus der Wirklichkeit.

Wir wollen uns wohlfühlen und stolz auf unser wunderbares Land sein. Der ARENA-Bürgermeister von San Salvador Quijano hat wahrscheinlich eine Umfrage in Auftrag gegeben, bevor er zuschlug. Vermutlich gab sie ihm Recht, einen Wahlsieg für die nächsten Präsidentschaftswahlen vorauszusagen, unter der Bedingung allerdings, dass er das Innere der Hauptstadt von den Armen und ihren Verkaufsständen säubert. Die Strassen werden durch sie so eng, dass man ungewollte Körperkontakte mit ihnen kaum vermeiden kann. Durch die enorme Luftverschmutzung ist alles traurig hellschwarz gefärbt.

Einige Tage vorher hatten wir ein Treffen geplant, um über die Schädlichkeit der Minenprojekte, die Bevölkerung aber auch die Parlamentsabgeordneten zu informieren. Auf meinem Weg dorthin geriet ich in eine riesige, friedliche Demonstration der Straßenhändler. Auf eine sehr salvadorianische Weise kam es ganz schnell zu einer Harmonisierung der beiden Gruppen. Wenige Stunden später fuhren die neuen Kriegsinstrumente, Bagger genannt auf, um alles, was den armen Händlern gehörte, platt zu machen.

Die neoliberalen Denker und Politiker leiden unter der Schwierigkeit, nicht zu Ende denken zu können. Zum Beispiel stellen sie sich die Frage nicht, was nun aus den Tausenden von Händlern und ihren Familien wird, die aus der Innenstadt San Salvadors verschwinden müssen und ihre bisherigen mageren Einkünfte nun auch noch verlieren werden.

Die Jesuiten haben eine Pfarrei am Rande El Salvadors. Der zuständige Pfarrer lädt mich manchmal ein, am Samstag dort eine Messe zu feiern. Ehepaare holen mich ab und bringen mich wieder zurück. Die Jesuitenkirche liegt in einem Wohnviertel von Mittelschicht. Einige Male ist es mir passiert, dass sie mir verraten, schon Jahrzehnte nicht mehr in der Innenstadt von San Salvador gewesen zu sein, wo wir Dominikaner ja unser Kloster haben. Die Innenstadt hat einen schlechten Ruf. Es gibt viel Drogenhandel, Prostitution und andere Delinquenz. Der schlechte Ruf, die aggressiven Gefühle gegen die Kriminalität werden nun benutzt, um der Aktion von Quijano Legitimation zu verschaffen. Und danach?

In diesen Tagen wurde Oscar Ortiz von der linken Frente zum Kandidaten für das Amt des Vicepräsidenten gewählt. Er war bisher Bürgermeister von Santa Tecla, der größten Vorstadt von San Salvador. Ein erfolgreicher Bürgermeister, bekannt für seine ästhetisch gelungene Umgestaltung der Innenstadt von Santa Tecla. Diese Vorstadt steht aber auch sonst glänzend da durch ihre soziale Statistik. Über Korruption hat man dort bisher noch nichts gehört. Ortiz fördert die Beteiligung der Bürger. Revolutionäre Parolen meidet er.


Photos von der Zerstörung der Verkaufsstände in der Innenstadt von San Salvador: