Kritik der Religion und Esoterik

Manuel Kellner, Kritik der Religion und Esoterik, Stuttgart 2010, ISBN 3-89657-587-2,
Schmetterling-Verlag Stuttgart, 239 Seiten

Der promovierte Soziologe Manuel Kellner hat im Schmetterling-Verlag ein Buch zur Kritik der Religion und Esoterik geschrieben. In einer Zeit religiöser Renaissance ist dies nichts Alltägliches und verdient besondere Beachtung.

Kellner schreibt aus der Sicht eines agnostischen Atheisten, also eines Atheisten, für den Religion nicht reiner Humbug ist, sondern eben einfach unentscheidbar. Dieser postmoderne Zug drängt die traditionelle Religionskritik von Feuerbach, Marx und Freud aber keineswegs zurück, sondern verleiht dieser vielmehr einen neuen Ausdruck. Es geht nun nicht mehr nur um die Ablehnung irrationaler oder unverständlicher Glaubensvorstellungen, sondern darüber hinaus um die akzeptablen Seiten verschiedener Glaubensausrichtungen.

Kellner konzentriert sich auf die Analyse Feuerbachs, Marx' und Freuds und hält die drei Theoretiker für nach wie vor zutreffend und stichhaltig: Projektion, Entfremdung und Sinnersatz spielten religiös nach wie vor eine überragende Rolle bei Individuum und Gesellschaft. Kellners Ausspielen von Barth gegen Luther kann theologisch kaum überzeugen, zeigt dennoch den kaum reflektierten Siegeszug subjektiver Sichtweise (Luther) in der Gegenwart an.

Der Esoterik kann Kellner noch weniger Gutes abgewinnen. Seiner Auffassung nach ist diese im wesentlichen Scharlatanerie und ist bestimmt von neuheidnischen oder gar rechtsextremen Einflüssen. Kellner wird so freiwillig zum Verfechter religiöser Orthodoxie gegenüber esoterischer Erweiterung.

Letztlich kann Kellner mit den widerständigen Potentialen von Religion außerordentlich viel anfangen. Scham und Mitleid vor dem Leiden der Geschöpfe in dieser Welt und Besinnung auf die unentfremdeten Sinnstiftungen des materiellen wie psychischen Lebens hält Kellner für nach wie vor überragend wichtig.

Einerseits: theologisch müsste man die Analyse noch schärfer fassen.

Andererseits: aus sozio-politischer Sicht ist Kellner etwas gelungen, was auf manchen Demos schon lange zu spüren ist, der Schulterschluß der solidarisch das Leben Liebenden, seien sie religiös oder nicht.

Lesenswert!

Martin Block/Göttingen